Am 26.09.2025 fand die Diplomierungsfeier an der HR Nord in Hildesheim statt. Ab dem 01.10.2025 dürfen wir uns nun auf 102 frisch gebackene Kolleginnen und Kollegen freuen. Der Verband, vertreten durch Anne und William, nutzte die Gelegenheit um ganz herzlich zu gratulieren. Zudem konnten wir einen Preis für das besondere soziale Engagement übergeben.
Sehr geehrte Frau Professorin Hannemann,
Sehr geehrter Herr Christensen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
– und vor allem: liebe Diplomandinnen und Diplomanden bzw. viel eher, liebe Kolleginnen und Kollegen,
im Namen des Verbandes der Rechtspfleger gratulieren wir Ihnen herzlich zum Erwerb Ihres Diploms und wünsche Ihnen für Ihre Zukunft viel Erfolg in und viel Freude an unserem schönen Beruf. All dies auch im Namen des weiteren Vorsitzenden des VdR, Henning-Martin Paix, der heute leider verhindert ist.

Winston Churchill sagte einmal:
„Erfolg ist nicht endgültig; Misserfolg ist nicht fatal: Es ist der Mut, weiterzumachen, der zählt.“
Dieses Zitat soll diejenigen ermutigen, die es im ersten Anlauf nicht durch die Prüfung geschafft haben. Die Vergangenheit setzt Ihrer zukünftigen Prüfung keine Grenzen. Halten Sie durch und rocken Sie es im zweiten Anlauf. Wir, die Praxis, freuen uns auf jeden einzelnen von Ihnen!
Dieses Zitat richten wir aber auch an die Politik. Der Beruf des Rechtspflegers mag zwar recht unbekannt sein. Wenn man ihn aber mal kennengelernt hat, stellt man recht schnell fest, wieviel Freude eben genau dieser Beruf bringen kann und wie anspruchsvoll und wichtig eben genau dieser ist. Es ist also an uns allen und vor allem auch an der Politik die Rahmenbedingungen stetig zu verbessern und dabei nicht aufzugeben.
Wir sind froh und dankbar diese Rede noch an der HR NORD halten zu dürfen. Wie sicherlich bekannt ist, gab es zu Beginn dieses Jahres die Idee diese Hochschule in eine Akademie umzuwandeln, was den Abschluss nicht unwesentlich verändert und unserer Meinung nach auch abgewertet und unattraktiver gemacht hätte. Glücklicherweise handelte es sich bei diesem Vorstoß nur um eine Idee des nds. Justizministeriums. Derzeit arbeiten wir alle gemeinsam intensiv in den Arbeitsgruppen zur HR Nord, um Optimierungspotential zu ergründen und sind zuversichtlich das böse Wort der „Akademie“ schnell verschwinden lassen zu können.
Dieses Geschehen um die Hochschule, aber auch die aktuellen, um es modern auszudrücken, Vibes, die man als Rechtspfleger*in in der Justiz empfindet, haben mich im Laufe des letzten Jahres oft an eine Geschichte erinnert, die ich fast auf den Tag genau (morgen wäre es so weit) vor 6 Jahren auf meiner eigenen Diplomierungsfeier gehört habe.
Ich versuche sie nach bester Erinnerung nachzuerzählen:
Eine Frau wanderte durch eine Stadt und stieß dort auf einen Steinmetz. Sie fragte ihn: „Was tust du hier?“ Der Steinmetz antwortete: „Sieht man das nicht? Ich behaue Steine. Zwei Stück noch, dann habe ich Feierabend.“ Die Frau ging weiter und traf einen zweiten Steinmetz und fragte auch ihn: „Was tust du hier?“ Er antwortete: „Ich staple die Steine aufeinander, damit eine Mauer oder so etwas entsteht. Es ist harte Arbeit, aber es wird gut bezahlt.“ Die Frau dankte ihm und ging weiter zu einem dritten Steinmetz. Auch diesen fragte sie: „Was tust du hier?“ Er sah sie an, hielt kurz inne, wischte sich den Schweiß vom Gesicht und breitete mit einem funkeln in den Augen seine Arme vor aus. „Das sieht man doch: Ich baue ein Schloss!“
Erzählt hat diese Geschichte der damalige Rektor Herr Prof. Dr. Schöpflin.
Herr Schöpflin erzählte die Geschichte damals, um uns junge Rechtpfleger*innen zu
inspirieren, das große Ganze zu sehen. Das Uhrwerk, welches die Justiz ist. Er wollte uns klarmachen, dass wir stolz darauf sein dürfen, Teil von alledem zu sein, weil die Gerechtigkeit, die die Justiz sichert, ohne unseren Beitrag nicht möglich wäre.
Auch die Politik hat diese Zusammenhänge erkannt. Nicht ohne Grund enden die meisten Posts auf der Instagram-Seite des niedersächsischen Justizministeriums mit dem Hashtag „TeamJustiz“. Jedoch frage ich mich immer häufiger, warum, wenn es doch ein Team ist und alle ihre wichtige Rolle beitragen, es sich überhaupt nicht so anfühlt.
Wie eben dargestellt, benötigen wir im „Team Justiz“ jeden einzelnen Steinmetz oder anders gesagt: Jeden einzelnen Dienst. Es funktioniert nur gemeinsam. Das bedeutet aber auch, dass jedem Dienst die gleiche Wertschätzung zukommt.
Zur Wertschätzung zählt dabei neben der Sichtbarkeit auch die angemessene Besoldung.
In der Vergangenheit mag A9 ein angemessenes Einstiegsamt für unsere Berufsgruppe gewesen sein, es muss aber endlich von der Politik erkannt werden, dass das schon lange nicht mehr der Fall ist. Verschärft wird das Ganze dadurch, dass frisch gebackene Serviceeinheiten mit EG 9a zum Teil mehr verdienen als frisch gebackene Rechtspfleger und Rechtspflegerinnen. Die Angleichung des Einkommens zwischen den unterschiedlichen Diensten mit doch sehr unterschiedlichen Verantwortlichkeiten ist weder fair noch erklärbar.
Ein Problem, das bereits gesehen wird, aber eben weiterhin nicht gelöst ist. Das Einstiegsamt A11 war zum Haushalt angemeldet, umgesetzt wurde es aber leider nicht.
Die Anhebung des Einstiegsamtes auf A11, die Stellenhebungen in die Spitzenämter
sowie die Ausschöpfung der Stellenobergrenzen. All das sind für die Politik keine neuen Themen, sondern Forderungen, die wir als Verband stetig und konkret wiederholt haben und auch immer wieder wiederholen werden! Wir werden diesbezüglich nicht müde werden! Das kann ich unseren Kollegen und Kolleginnen an dieser Stelle klar und deutlich versprechen!
An die Politik gewandt möchte ich an dieser Stelle ein Sprichwort wiedergeben, das mir zufällig über den Weg gelaufen ist, welches ich jedoch absolut passend finde:
„Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.“
Auch in den Bereichen Nachwuchsgewinnung, Führungs- und Behördenkultur ist ein Umdenken nötig.
Ständig kriegt man zu hören, dass, die Neuen schon immer die unbeliebten Dezernate bearbeiten und die Aufgaben erledigen mussten, die sonst keiner machen will. Zudem fehlt es weiterhin oft noch an einer Entlastung beim Berufsstart.
Sicherlich hat es Vorteile an Herausforderungen zu wachsen, aber hilft es wirklich all das weiterzuführen, nur weil wir es schon immer so gemacht haben? Vielmehr sollten wir doch diese Vorgehensweisen auf den Prüfstand stellen und nur dann weiterführen, wenn es wirklich Vorteile bringt. Erste Veränderungen hat es schon gegeben, die wir sehr begrüßen, sie sind aber bei Weitem noch nicht ausreichend.
Natürlich gibt es viele Arbeitsgruppen und PE-Konzepte, die helfen sollen, die Justiz zu verbessern und die aktuellen Probleme zu lösen. Aber noch so viele Besprechungen und noch so viele Gruppensitzungen bereiten uns nicht auf die Zukunft vor, wenn die Probleme nicht an der Wurzel gepackt werden.
Zu häufig werden innovative und bewegende Ideen abgetan und unbeachtet gelassen, weil sie einfach zu weit vom Status Quo abweichen. „Das haben wir schon immer so
gemacht“ ist leider kein Sprichwort, sondern vielmehr eine Killerphrase, die gern verwendet wird, um Veränderungen abzulehnen.
Wir sollten dieses Sprichwort daher vergessen und uns lieber an das Sprichwort von eben erinnern.
„Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.“
Ich wäre dankbar, wenn dieses Sprichwort in den Köpfen der hier Anwesenden hängen bleibt.
Ich möchte an dieser Stelle nicht nur an die Politik und die Führungskräfte appellieren, sondern auch an alle Praktiker und Praktikerinnen, die heute hier sind: In diesem Raum befinden sich 102 junge, motivierte neue Kollegen und Kolleginnen, die ab nächster Woche Mittwoch jede Menge gute Laune, frischen Wind, aber vor allem neue Ideen und neue Inspiration mit in die Gerichte und Staatsanwaltschaften bringen.
Hören Sie Ihnen zu und geben Sie ihren Ideen eine Chance!
Liebe Diplomand*innen, Sie haben eine harte und anspruchsvolle Zeit hinter sich und dürfen jetzt voller Elan in Ihren neuen Beruf starten. Wenn Sie bisher nicht so wirklich das Gefühl hatten, Teil derer zu sein, die das Schloss bauen, lasst es Ihnen gesagt sein: Jetzt geht’s los. Sie sind Teil des großen Ganzen. Und nicht nur das, Sie starten zu einer spannenden Zeit. Einer Zeit in der vieles im Wandel ist. Wohin die Reise geht, das hängt auch davon ab, wie Sie Ihr eigenes Rechtspflegeramt ausfüllen. Seien Sie den Menschen zugewandt, gehen Sie diesen extra Schritt um allen um Ihnen herum zu helfen und bringen Sie Ihren frischen Wind voll und ganz mit ein. Halten Sie Ihre hohen Ansprüche aufrecht. Behalten Sie das Wesentliche im Blick, aber lassen Sie die Menschen nicht außer Acht. Auch, wenn Ihnen das in der Anfangszeit einiges abverlangen wird. Es lohnt sich, weil es später leichter wird, wenn Sie sich selbst von
Beginn an treu bleiben. Das gilt erst recht, wenn es mal nicht so läuft. Ducken Sie sich nicht weg, sondern sprechen Sie es an. Im Kollegenkreis, gegenüber Ihrem Personalrat oder dem VdR.
Ich möchte Sie ermutigen. Auch wenn es sich derzeit anders anfühlen mag; Sie sind ein unersetzlicher Teil der Justiz. Wir alle sind Teil des Teams und ohne uns, geht es nicht. Also, wenn Sie unzufrieden sind oder eine neue Idee haben, die den Ist-Zustand herausfordert, sprechen Sie es an, bringen Sie sich ein und tragen Sie Ihren wichtigen Teil dazu bei, die Zukunft der Justiz zu gestalten.
Die Praxis ist nicht das, was sie am Mittwoch vorfinden, wenn Sie an Ihrem neuen Arbeitsplatz aufschlagen, sondern das, was Sie selbst daraus machen. Sie erledigen nicht einfach irgendwelche Akten. Sie bauen ein Schloss.
Aber nun haben wir genug geredet. Immerhin sind wir hier, um einen Preis zu verleihen.
Der Verband der Rechtspfleger hat bis zum letzten Jahr immer die beste Diplomarbeit ausgezeichnet. Vor uns sitzt nun der erste Jahrgang, der keine Diplomarbeit mehr geschrieben hat. Da wir es uns jedoch nicht nehmen lassen wollten eine Auszeichnung zu vergeben, haben wir überlegt, was an die Stelle der besten Diplomarbeit treten kann. Am Ende haben wir uns dafür entschieden das besondere soziale Engagement zu würdigen. Das passt nicht nur zu uns als Berufsverband, sondern scheint auch in diesen Zeiten, in denen Engagement zunehmend wichtiger wird, besonders relevant.
Aber: Was versteht man nun genau darunter bzw. nach welchen Kriterien haben wir den Preisträger ausgewählt?
Soziales Engagement wird definiert als der meist ehrenamtliche Einsatz von Zeit oder
Geld für gemeinnützige Zwecke. Es bedeutet sich freiwillig für das Gemeinwohl einzusetzen, oft ohne Erwartung einer Gegenleistung.
Im Hinblick auf diese Begriffsdefinition sind wir recht schnell überein gekommen, wer diesen Preis in diesem Jahr verdient hat.
An der HR Nord gibt es Personen, die sich in diesem Jahr mit voller Kraft für den Erhalt ihrer Hochschule als Hochschule eingesetzt haben. Sie haben Umfragen erstellt, Berichte geschrieben, sich an Entscheidungsträger gewandt, um ihre Argumente für eine Hochschule vorzutragen. Derzeit arbeiten sie auch in den Arbeitsgruppen zur HR Nord intensiv mit und auch der Verband arbeitet sehr gern mit ihnen zusammen.
Neben dieser Tätigkeit haben sie sich auch dafür eingesetzt, dass das Sommerfest stattfinden kann, weitere Feste organisiert, Ersti-Tüten geschnürt, das studysmart Programm ins Leben gerufen usw. Wir könnten an dieser Stelle vermutlich noch eine ganze Weile viele Dinge aufzählen.
Ich denke wir wissen nun alle schon wer in diesem Jahr unseren Preis für das besondere soziale Engagement erhalten soll, ohne dass wir den Namen laut aussprechen müssten.
Wir tun es aber trotzdem. Liebe Mitglieder des Studierendenparlaments, im Namen des VdR möchten wir Sie alle, das gesamte StuPa, mit diesem mit 200,00 € dotierten Preis auszeichnen. Wir hoffen, Sie können den Preis gut einsetzen. Bitte kommen Sie zu uns auf die Bühne!
Herzlichen Glückwunsch und weiterhin starke Nerven!
